literature

Sonntag, 10. April 2005

Erich Fromm: Haben oder Sein

Wir sind eine Gesellschaft notorisch unglücklicher Menschen: einsam, von Ängsten gequält, deprimiert, destruktiv, abhängig - jene Menschen, die froh sind, wenn es ihnen gelingt, jene Zeit "totzuschlagen", die sie ständig einzusparen versuchen.

Freitag, 25. März 2005

Leo N. Tolstoi: Anna Karenina (II.)

»Ach, wenn alle so feinfühlend wären wie Sie!« sagte Warenjka. »Es gibt kein junges Mädchen, das nicht alle diese Dinge durchgemacht hätte. Das sind alles so unwichtige Dinge...«
»Und was ist denn wichtig?« fragte Kitty und sah Warenjka mit neugierigem Erstaunen ins Gesicht.
»Was wichtig ist? Sehr vieles!« sagte Warenjka lächelnd.
»Nun, so mancherlei...«, meinte Warenjka, die nicht recht wußte, was sie erwidern sollte.

Leo N. Tolstoi: Anna Karenina

»Nein, ohne Scherz: ich glaube, um die Liebe richtig kennenzulernen, muß man zuerst geirrt haben, damit man dann nachträglich das Richtige findet«, bemerkte die Fürstin Betsy.

Montag, 28. Februar 2005

unliebbar, T. (Nick Hornby: How to be good)

. . .stellt sich heraus , daß der geliebte fehler hat und mängel aufweist, bekommt die liebe risse . man ist enttäuscht , wie von einem kühlschrank , der nicht mehr richtig kühlt und beginnt sich nach einem besseren umzusehen .
dann , wenn es an der zeit ist ,
daß die liebe sich zeigt , ist sie meistens schon am ende .
einen liebenswerten menschen zu lieben ist einfach . das kann jeder . ist er nicht mehr liebenswert , zeigt sich schnell , was die liebe wert ist . nämlich gar nichts . alle sprechen von liebe und wissen gar nicht wovon sie sprechen . liebe kommt dann , wenn die meisten denken , sie ist schon vorbei . alles vorher ist ein kinderspiel . liebe heisst aushalten und prüfen . sich immer wieder an den abgrund heranzuwagen , hinunterschauen und den blick aushalten . ohne runterzuspringen oder wegzulaufen .


unliebbar

Dienstag, 15. Februar 2005

Paulo Coelho: Veronika beschließt zu sterben

Der chronisch Verbitterte bemerkte seine Krankheit nur einmal in der Woche: am Sonntagnachmittag. Dann, wenn weder seine Arbeit noch die Routine ihm halfen, die Symptome zu lindern, bemerkte er, dass irgend etwas nicht stimmte. Denn der Frieden dieser Nachmittage war die reinste Hölle, die Zeit verging nicht, und er war ständig gereizt.

Sonntag, 13. Februar 2005

Milan Kundera: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins

Es ist kein besonderes Verdienst, sich den Mitmenschen gegenüber korrekt zu benehmen. Teresa muss sich den Dorfbewohnern gegenüber tadellos verhalten, weil sie sonst auf dem Dorf nicht leben könnte. Und sogar Tomas gegenüber muss sie sich liebevoll verhalten, weil sie ihn braucht. Man wird niemals mit Sicherheit feststellen können, inwieweit unsere Beziehungen zu anderen Menschen das Resultat unserer Gefühle, unserer Liebe, unserer Unliebe, unserer Gutmütigkeit oder Bösartigkeit sind, und inwieweit sie durch das Kräfteverhältnis zwischen den einzelnen Menschen festgelegt sind.
Die wahre menschliche Güte kann sich in ihrer absoluten Reinheit und Freiheit nur denen gegenüber äußern, die keine Kraft darstellen. Die wahre moralische Prüfung der Menschheit, die elementarste Prüfung (die so tief im Innern verankert ist, dass sie sich unserem Blick entzieht) äußert sich in der Beziehung der Menschen zu denen, die ihnen ausgeliefert sind: zu den Tieren. Und gerade hier ist es zum grundlegenden Versagen des Menschen gekommen, zu einem so grundlegenden Versagen, dass sich alle anderen aus ihm ableiten lassen.
(Siebter Teil, 2.)



Diese Liebe ist selbstlos: Teresa will nichts von Karenin. Nicht einmal Liebe fordert sie von ihm. Sie hat sich niemals die Fragen gestellt, von denen die Menschenpaare gequält werden: Liebt er mich? Hat er jemand anderen mehr geliebt als mich? Liebt er mich mehr, als ich ihn liebe? Möglich, dass all diese Fragen, die sich um die Liebe drehen, sie messen, erforschen, untersuchen und verhören, sie auch schon im Keim ersticken. Möglich, dass wir nicht fähig sind zu lieben, gerade weil wir uns danach sehnen, geliebt zu werden, das heißt: weil wir vom anderen etwas wollen (die Liebe), anstatt ohne Ansprüche auf ihn zuzugehen und nichts als seine Gegenwart zu wollen.
Und noch etwas: Teresa hat Karenin so akzeptiert, wie er ist, sie wollte ihn nicht nach ihrem Bilde verändern, sie war von vornherein mit seiner Hundewelt einverstanden und wollte sie ihm nicht wegnehmen, sie war nicht eifersüchtig auf seine heimlichen Neigungen. Sie erzog ihn nicht, um ihn zu verändern (wie ein Mann seine Frau und eine Frau ihren Mann verändern will), sondern nur, um ihm eine elementare Sprache beizubringen, die es ihnen ermöglichte, einander zu verstehen und miteinander zu leben.
[...]
Und vor allem: kein Mensch kann einem anderen Menschen die Idylle zum Geschenk machen. Das vermag nur ein Tier, weil es nicht aus dem Paradies vertrieben worden ist. Die Liebe zwischen Mensch und Hund ist idyllisch. Es ist eine Liebe ohne Konflikte, ohne herzzerreißende Szenen, ohne Entwicklung. Karenin umgab Teresa und Tomas, er war bei ihnen mit seinem Leben, das auf der Wiederholung begründet war, und er erwartete von ihnen dasselbe.
Wäre Karenin ein Mensch gewesen und nicht ein Hund, hätte er sicher schon längst zu Teresa gesagt: »Hör mal, es macht mir keinen Spaß mehr, jeden Tag ein Hörnchen in der Schnauze herumzutragen. Kannst du dir nicht etwas Neues einfallen lassen?« Dieser Satz enthält die ganze Verurteilung des Menschen. Die menschliche Zeit dreht sich nicht im Kreis, sie verläuft auf einer Geraden. Das ist der Grund, warum der Mensch nicht glücklich sein kann, denn Glück ist der Wunsch nach Wiederholung.
(Siebter Teil, 4.)

Donnerstag, 11. November 2004

Ethan Hawke: Ash Wednesday

flower “I’m not scared, don’t you understand? That’s the fundamental difference between us. My love doesn’t scare me. Yours does because it’s a lie.”

Montag, 1. November 2004

Erich Fried: Was es ist

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft

Es ist was es ist
sagt die Liebe


Es ist Unglück
sagt die Berechnung

Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst

Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht

Es ist was es ist
sagt die Liebe


Es ist lächerlich
sagt der Stolz

Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht

Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung

Es ist was es ist
sagt die Liebe

Sonntag, 31. Oktober 2004

Friedrich Schiller: Eine großmütige Handlung (Erzählung)

Fern von dem Himmelstrich seiner Liebe, aus einer Gegend verbannt, die seines Herzens ganze Seligkeit einschloß, in der er allein zu leben vermochte, erkrankte der Unglückliche, wie die Pflanze dahinschwindet, die der gewalttätige Europäer aus dem mütterlichen Asien entführt und fern von der milderen Sonne in rauhere Beete zwingt.

Mittwoch, 13. Oktober 2004

Paulo Coelho: Am Ufer des Rio Piedra saß ich und weinte

Wir gingen zusammen hinaus. Es begann zu tagen.

»Atmen Sie tief ein«, bat sie mich. »Lassen Sie diesen neuen Morgen in Ihre Lungen und durch Ihren ganzen Körper strömen. Mir kommt es so vor, als hätten Sie sich gestern nicht zufällig verlaufen.«

Ich sagte nichts.

»Außerdem haben Sie weder die Geschichte, die Sie mir gerade erzählt haben, noch Ihre Bedeutung richtig begriffen«, fuhr sie fort. »Sie haben nur den traurigen Schluß behalten und die heiteren Augenblicke vergessen, die Sie erlebt haben. Sie haben das Gefühl vergessen, das so war, als wären die Himmel herabgestiegen, und wie schön es war, all das mit ihrem...«

Sie hielt inne und lächelte.

»...Jugendfreund erlebt zu haben«, sagte sie und zwinkerte mir zu. »Jesus hat gesagt: Laßt die Toten die Toten begraben. Denn Er weiß, daß es den Tod nicht gibt. Das Leben existiert bereits, bevor wir geboren werden, und es existiert weiter, wenn wir diese Welt verlassen.«

Meine Augen füllten sich mit Tränen.

»Dasselbe geschieht mit der Liebe«, fuhr sie fort. »Es gab sie vorher, und es wird sie immer weiter geben.«

»Alle Liebesgeschichten haben etwas gemeinsam. Ich habe dies auch schon in meinem Leben durchgemacht. Doch daran denke ich nicht mehr. Ich erinnere mich daran, daß die Liebe in der Gestalt eines anderen Mannes, in der Gestalt neuer Hoffnunen, neuer Träume wiederkam.«

Sie reichte mir das Papier und den Stift.

»Schreiben Sie alles auf, was Sie fühlen. Holen Sie es aus Ihrer Seele, vertrauen Sie es dem Papier an, und werfen Sie es dann fort. Die Legende besagt, daß der Rio Piedra so kalt ist, daß alles, was in ihn hineinfällt – die Blätter, die Insekten, die Federn der Vögel –, sich in Steine verwandelt. Wer weiß, vielleicht ist es ja eine gute Idee, das Leid in sein Wasser zu werfen.«

Ich nahm das Papier, sie küßte mich und sagte, ich könne, wenn ich wollte, zum Mittagessen wiederkommen.

»Vergessen Sie eines nicht«, rief sie mir nach. »Die Liebe bleibt. Nur die Männer ändern sich!«

Ich lachte, und sie winkte.

Ich sah lange auf den Fluß. Weint, bis ich keine Tränen mehr hatte.

Dann begann ich zu schreiben.

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